Eine Legende geht zu Ende – „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ liefert ein solides Finale für den beliebten Archäologen. Seit 1981 hat Harrison Ford als Indiana Jones die Zuschauer in die Welt der Abenteuer entführt und die Nazis in „Jäger des verlorenen Schatzes“ herausgefordert.
Nach 42 Jahren, drei weiteren Filmen und einem Auftritt in der Serie „Die Abenteuer des jungen Indiana Jones“ sowie einem Kurzfilm für eine Disneyland-Attraktion steht nun der Abschied von dieser ikonischen Figur bevor, die für viele sogar den Legendenstatus von Han Solo überstrahlt. „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ ist der letzte Kinofilm mit Indy, der ab dem 29. Juni 2023 in deutschen Kinos zu sehen sein wird. Aber erfüllt der fünfte und letzte Teil der Reihe die hohen Erwartungen? Wir hatten die Möglichkeit, das Werk vor dem offiziellen Kinostart zu sehen, und teilen jetzt unsere Meinung über „Das Rad des Schicksals“.
ACHTUNG: Wer jedoch lieber keine weiteren Infos abseits der Trailer und dem offiziellen Bildmaterial haben möchte, sollte den Film vorher ansehen und den Beitrag ein anderes Mal lesen.
Erstklassig, dann solide… am Ende etwas enttäuschend
„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ war für mich eine dreigeteilte Erfahrung. Wie bereits im Vorfeld bekannt gegeben wurde, erleben wir zu Beginn eine fast halbstündige Rückblende in den Zweiten Weltkrieg, in dem Indy erneut gegen seine Lieblingsgegner, die Nazis, kämpft. Die Filmreihe war immer am stärksten, wenn es gegen die größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte ging, wie in den großartigen Filmen „Jäger des verlorenen Schatzes“ und „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“.
Der neueste Teil unterstreicht diese These, denn der Einstieg ist für mich der beste Teil von „Das Rad des Schicksals“: Die digitale Verjüngungskur für Harrison Ford ist beeindruckend, sein verschmitztes Lächeln sitzt genauso wie seine Schläge in die Nazi-Gesichter. Es wäre wunderbar gewesen, wenn der gesamte Film noch einmal in diese goldene Ära von Indiana Jones eingetaucht wäre. Während ich den Film sah, musste ich öfter an die Worte von Originalregisseur Steven Spielberg denken, der nach der Sichtung dieses neuen Beitrags kaum glauben konnte: „Verdammt! Ich dachte, ich wäre der einzige, der wüsste, wie man [diese Filme] macht.“
Regisseur James Mangold hat verstanden, was einen „Indiana Jones“-Film ausmacht, und das zeigt sich auch im zweiten Teil, in dem wir den älteren Indy im Jahr 1969 bei seinem letzten Abenteuer begleiten. „Das Rad des Schicksals“ erreicht zwar nicht den Glanz der ersten und dritten Teile (der zweite hat mich leider nie überzeugt), aber es bietet dennoch ein unterhaltsames Indy-Abenteuer. Die Schatzsuche ist etwas rudimentär und die Actionszenen mit dem älteren Harrison Ford wirken nicht mehr ganz so überzeugend. Dennoch sind sie bodenständiger und besser genießbar als in Teil 4. Die Dynamik zwischen dem oft mürrischen Indy und seiner Patentochter Helena (Phoebe Waller-Bridge) kann jedoch nicht mit dem fantastischen Hin und Her zwischen Harrison Ford und Sean Connery in „Der letzte Kreuzzug“ mithalten. Natürlich ist dieser Vergleich etwas unfair, da die Chemie zwischen den beiden Schauspielern einmalig war.
Der zweite Teil, der den Großteil des Films ausmacht, bietet dennoch alle Elemente für ein unterhaltsames, wenn auch nicht überragendes Indy-Abenteuer. Allerdings kommt dann der dritte Teil, das Finale von „Das Rad des Schicksals“. Der Umgang mit den mystischen Artefakten der Reihe birgt immer das Risiko, ins Lächerliche abzudriften, wie es bei „Das Königreich des Kristallschädels“ der Fall war. Leider gelingt es dem letzten Teil meiner Meinung nach nicht, dieses Problem zu umgehen. Beim großen Finale scheint man das Bedürfnis gehabt zu haben, emotional richtig tief zu gehen. Jedoch hätte die vorherige Charakterentwicklung der Figuren dieses stimmigere Gesamtbild besser vorbereiten müssen. Dadurch hinterlässt „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ bei mir einen etwas bitteren Nachgeschmack, obwohl der Film an sich solide ist.
Als im Jahr 2015 die Ankündigung von „Indiana Jones 5“ die Runde machte, war ich zwiegespalten. Einerseits war ich natürlich begeistert, dass Harrison Ford nicht mit „Das Königreich des Kristallschädels“ seinen letzten Auftritt als Indiana Jones hatte (obwohl ich den vierten Teil trotz der negativen Kritiken eigentlich solide fand). Andererseits machte sich auch die Sorge breit, dass es den Machern nur um finanziellen Erfolg ging. Nicht immer ist es die beste Idee, einer Filmreihe weitere Teile hinzuzufügen, wie beispielsweise bei „Jurassic Park 3“.




Letztendlich überwog jedoch die Vorfreude, weshalb die acht Jahre des Wartens wie eine Ewigkeit erschienen. Als ich dann endlich im Kinosessel Platz nehmen durfte und direkt in die Handlung hineingeworfen wurde, vergaß ich all meine Bedenken. Und das war die richtige Entscheidung.
Wie gewohnt jagt Henry Jones Jr., alias Indiana Jones (Harrison Ford), einem historischen Artefakt hinterher und folgt damit einem der größten Mysterien der Filmgeschichte. Auf seinem Weg stellt er sich natürlich sowohl unbeholfenen als auch gerissenen Bösewichten, überlistet sie in aufregenden Verfolgungsjagden, steckt selbst ordentlich ein und teilt kräftig aus. Zugegeben, manche Szenen, wie die in den Straßen von Tangier, zogen sich meiner Meinung nach etwas zu lange hin. Doch der Film macht dies mit zahlreichen Easter Eggs wieder wett, die bei mir immer wieder Gänsehautmomente auslösten.
Und damit komme ich zum für mich wichtigsten Punkt: Während Indy in den letzten 42 Jahren immer in eigenständige Missionen gestürzt ist, die für sich alleine funktionierten, benötigt das Publikum bei „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ gewisse Grundkenntnisse, um den Charme der Witze und Szenen vollständig zu erfassen. Genau das macht den Film für mich zu einem gelungenen Abschluss.
„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ mag zwar nicht mit der Originaltrilogie mithalten können, aber er bietet den Fans ein letztes spannendes Abenteuer, das die vergangenen Jahre des berühmten Archäologen Revue passieren lässt, offene Fragen beantwortet und nostalgische Gefühle hervorruft.
Credits: Lucasfilm Ltd. & TM